Pflegebedürftigkeit

Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten. Nach der Definition des Gesetzes sind damit Personen erfasst, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Das sind Personen, die körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.

Pflegeleistungen beantragen

Wer Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen muss, stellt einen Antrag bei der Pflegekasse. Die Pflegekasse befindet sich bei der Krankenkasse. Den Antrag können auch Familienangehörige, Nachbarn oder gute Bekannte stellen, wenn sie dazu bevollmächtigt sind. Sobald der Antrag bei der Pflegekasse gestellt wurde, beauftragt diese den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder einen unabhängigen Gutachter bzw. eine unabhängige Gutachterin mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit.

Privat Versicherte stellen einen Antrag bei ihrer Versicherung. Die Begutachtung erfolgt dann durch Gutachter und Gutachterinnen des Medizinischen Dienstes „MEDICPROOF“.

Pflegegrade

Fünf Pflegegrade ermöglichen es, Art und Umfang der Leistungen der Pflegeversicherung unabhängig von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen auf die jeweiligen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse abzustimmen. Die Pflegegrade orientieren sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person. Der Pflegegrad wird mithilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt. Die fünf Pflegegrade sind abgestuft: von geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (Pflegegrad 1) bis zu schwersten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergehen (Pflegegrad 5). Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn die erforderliche Gesamtpunktzahl nicht erreicht wird. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen konkretisiert die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen in den Begutachtungs-Richtlinien.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (26. Juni 2018)

Verhinderungspflege (Urlaubs-/Krankheitsvertretung)

Macht die private Pflegeperson Urlaub oder ist sie durch Krankheit oder aus anderen Gründen vorübergehend an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegeversicherung die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr, die sogenannte Verhinderungspflege, wenn die pflegebedürftige Person mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist. Ein Anspruch auf Verhinderungspflege besteht jedoch erst, nachdem die Pflegeperson den pflegebedürftigen Menschen mindestens sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt hat.

Wie hoch sind die Leistungen bei der Verhinderungspflege?

Wird die Verhinderungspflege von Personen sichergestellt, die nicht mit der pflegebedürftigen Person bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und nicht mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, beläuft sich die Leistung auf bis zu 1.612 Euro je Kalenderjahr.

Wird die Ersatzpflege durch nahe Angehörige oder Personen, die mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, nicht erwerbsmäßig sichergestellt, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse grundsätzlich den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des festgestellten Pflegegrades nicht überschreiten. Wenn in diesem Fall notwendige Aufwendungen der Ersatz-Pflegeperson (zum Beispiel Fahrkosten oder Verdienstausfall) nachgewiesen werden, kann die Leistung auf bis zu insgesamt 1.612 Euro aufgestockt werden. Insgesamt dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse den Betrag von 1.612 Euro nicht übersteigen.

Können Ansprüche auf Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege genutzt werden?

Ergänzend zum Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege können bis zu 50 Prozent des Leistungsbetrags für die Kurzzeitpflege (das sind bis zu 806 Euro im Kalenderjahr) für die Verhinderungspflege genutzt werden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag wird auf den Leistungsbetrag für eine Kurzzeitpflege angerechnet. Damit stehen bis zu 2.418 Euro im Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung. Dies kommt insbesondere den Anspruchsberechtigten zugute, die eine längere Ersatzpflege benötigen und die in dieser Zeit nicht in eine vollstationäre Kurzzeitpflegeeinrichtung gehen möchten.

Wird während der Verhinderungspflege weiterhin Pflegegeld gezahlt?

Ja. Während der Verhinderungspflege wird bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr die Hälfte des bisher bezogenen (anteiligen) Pflegegeldes weitergezahlt. Außerdem werden die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge von der Pflegekasse weitergezahlt. Dadurch bleibt der Rentenanspruch für die Zeit des Urlaubs ungeschmälert bestehen und der Arbeitslosenversicherungsschutz erhalten.

Anteiliges Pflegegeld bei Verhinderungspflege

Die Pflegeperson erkrankt an 15 Tagen. Während dieser Zeit wird Verhinderungspflege gewährt. Vor der Verhinderungspflege wurde Pflegegeld für Pflegegrad 4 in Höhe von 728 Euro monatlich bezogen. Für den ersten und letzten Tag der Ersatz­pflege wird das volle Pflegegeld bezahlt (2/30 von 728 Euro). An den übrigen 13 Tagen wird noch ein hälftiges Pflegegeld in Höhe von 157,73 Euro gezahlt (50 Prozent von 728 Euro = 364 Euro x 13/30 = 157,73 Euro). Danach wird das Pflegegeld wieder in voller Höhe gezahlt.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (Stand 26. Juni 2018)

Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen / § 45b SGB XI

Jeder Versicherte, bei dem eine Pflegegrad und/oder ein Betreuungsbedarf festgestellt wurde, hat Anspruch auf 125 Euro pro Monat zusätzlich als Zuschuss für die Kosten der Betreuung.

Die Familie kann damit einen Teil der Kosten für eine Tages-, Nacht oder Kurzzeitpflege oder eine Betreuung durch einen zugelassenen Pflegedienst finanzieren. In verschiedenen Bundesländern gibt es darüber hinaus weitere zugelassene Angebote, die sie nutzen kann. Das können zum Beispiel Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz sein sowie eine Tagesbetreuung durch anerkannte Helfer oder Agenturen, die Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige vermitteln.

Die monatliche Leistung erhalten Sie ab dem Zeitpunkt Ihres Antrags. Schöpfen Sie die Ihnen zustehenden Beträge pro Jahr nicht vollständig aus, können Sie den Restbetrag auf das folgende Kalenderhalbjahr übertragen.